Bombensprengungen um St. Godehard im Rückblick

Gedanken und Empfindungen von Dechant Wigbert Schwarze zum Einsatz des Kampfmittelbeseitigungsdienstes am 30./31. Januar 2021 in Göttingen.

Angespanntheit und Nervosität

Seit Wochen war auf den Straßen im „Blümchenviertel“, zu dem auch unsere Kirche St. Godehard und das Caritas-Centrum St. Godehard gehören, eine große Nervosität deutlich zu spüren. Viele erinnerten sich an die Bombensprengung 2010 mit drei Toten auf dem Schützenplatz. Diesmal rückte das Geschehen noch näher an die Wohnungen der Menschen heran. Es gab zwei Verdachtspunkte direkt auf der Pfalz-Grona-Breite zwischen den Wohngebäuden und unserem Pfarrheim, ein weiterer lag auf dem Grundstück hinter dem Caritas-Centrum, der vierte nicht weit davon am Ufer der Leine.

Als Gemeinde hatten wir auf unserer Kirchentür Plakate mit der Aufschrift „Stay save“ und „Bleib behütet“ befestigt. Viele haben mich darauf angesprochen und sie als wichtige Botschaft angesehen. Da am Tag vor der Evakuierung noch am Kirchturm Sensoren befestigt wurden, um eine eventuelle Erschütterung zu messen, verließ ich mein eigenes Pfarrhaus, in dem sich auch auch meine Wohnung befindet, mehr als angespannt. Umso dankbarer bin ich für die tolle Zusammenarbeit mit der Stadt Göttingen, der Feuerwehr, dem THW, dem Kampfmittelbeseitigungsdienst und vielen mehr.

Dankbarkeit

Als ich am Morgen nach den Bombensprengungen um 8 Uhr wieder zurückkam, waren auf den ersten Blick kaum Schäden zu sehen. Auf den zweiten Blick natürlich schon. Dachziegel lagen auf dem Boden, Glas war gesplittert, Fenster waren gesprungen und schon nachts mit Brettern vernagelt worden. Unser Kirchturm stand aber noch sicher und es war glücklicherweise kein Mensch zu Schaden gekommen. Aus Dankbarkeit haben wir daher um 12 Uhr die Glocken geläutet und viele Menschen haben gemeinsam das Vaterunser gebetet. Hunderte von Menschen haben im Laufe des Tages den Platz vor der Kirche besucht und haben miteinander gesprochen.

Ausblick und Zukunft

Am meisten hat mich persönlich erschüttert, dass der Zweite Weltkrieg zwar offiziell beendet ist, aber trotzdem noch nach mehr als sieben Jahrzehnten nachwirkt. Alle Menschen hoffen, dass ihre Häuser und Wohnungen nun wieder sicher sind. In besonderer Weise gilt das für diejenigen, die im Caritas-Centrum St. Godehard arbeiten oder betreut und beraten werden. Und auch ich hoffe und glaube das.

Dechant Wigbert Schwarze